Umwege können sich manchmal lohnen. Im Fall von Alexander Hack zum Beispiel. Der Fußballer aus Babenhausen wurde beim TSV 1860 München nach seiner Jugendzeit für nicht mehr tauglich befunden und kehrte 2012 zum FC Memmingen zurück. Hier bestritt er unter Trainer Esad Kahric sein erstes Jahr im Herrenbereich in der Regionalliga Süd und entwickelte sich weiter. Über die SpVgg Unterhaching mit Berufungen in die deutsche U20-Nationalmannschaft landete er schließlich im Sommer 2014 in Mainz, zunächst bei der U21-Truppe des Bundesligisten in der 3. Liga. Ende November feierte der Unterallgäuer gegen Eintracht Frankfurt sein Erstliga-Debüt und unterschrieb einen Profivertrag bis 2019.
Mit 22 Jahren ist Hack quasi schon so etwas wie ein Spätberufener in diesem knallharten Geschäft. Wer mit Anfang 20 den Sprung noch nicht geschafft hat, wird es nur noch schwerlich tun – das zeigt die Erfahrung. Ausnahmen gibt es kaum. Dessen ist sich auch Vinko Sapina (links im Bild) bewusst. Ähnlich wie Hack sorgt der lange Schlacks momentan für große Aufmerksamkeit. Der Ulmer, in der zweiten Saison beim FC Memmingen, steht in den Notizblöcken vieler Scouts. Dass er vom Sportmagazin KICKER zum besten Regionalliga-Spieler bis zur Winterpause gekürt wurde, schürt das Interesse noch weiter.
Gerade mal 20 geworden, weiß Sapina: Wenn es nicht bald klappt, dann gar nicht mehr. Wie viele Talente träumt er natürlich davon, von dem was er am liebsten tut, gut leben zu können, in großen Stadien Erfolge zu feiern. Die Jobs sind allerdings rar gesät. Von der Bundesliga bis zur 3. Liga gibt es in Deutschland schätzungsweise rund 1.500 Fußballprofis (mit einer erheblichen Anzahl ausländischer Spieler darunter). Zugebenermaßen lässt sich bei dem einen oder anderen Klub im so genannten Amateurbereich, etwa in der Regionalliga oder auch Oberliga, auch noch ordentliches Geld verdienen, aber auch hier ist die Anzahl der hochdotierten Stellen überschaubar. Der FC Memmingen gehört sicher nicht zu diesem Klientel, diente aber eine beachtlichen Zahl an Kickern schon als Sprungbrett (siehe eigener Artikel).
Wohin es Sapina ziehen wird, ist noch unklar. Bis Frühjahr will er sich darüber auch noch keine Gedanken machen und konzentriert sich auf seine Prüfungen. Weil er nicht weiß, ob der Umweg Memmingen ihn nach oben führt, verlässt er sich nicht nur auf sein fußballerisches Talent, sondern studiert in Ulm Wirtschaftsinformatik. Zwei Jahre dauert das Studium noch. Nicht nur deshalb würde er am liebsten weiter in Heimatnähe spielen. Innerhalb einer Autofahrstunde tummeln sich etliche Erst-, Zweit- und Drittligisten. Beim FCM würden die Verantwortlichen dem 1,94 Meter großen Lockenkopf einen Karrieresprung gönnen, ihn aber natürlich auch gerne halten, weil mit Spielern wie Sapina auch die eigenen Perspektiven rosiger sind. Als „bodenständig, bescheiden, fleißig und lernwilllig“ charakterisiert FCM-Trainer Christian Braun den jungen Mittelfeldmann, der heuer in etwa gleich oft auf der Sechser- und Zehnerposition auflief und nach Torhüter Martin Gruber die meiste Einsatzzeit hat.
Sprungbrett FC Memmingen: Eine beachtlich lange Liste
Die Liste der Fußballer, die über den FC Memmingen den Sprung in den bezahlten Fußball geschafft haben, ist lang – aber hier keineswegs vollständig. Hier eine Auswahl von Fußballern, die es durch ihre Karrieren immerhin zu einem Wikipedia-Eintrag gebracht haben (in alphabetischer Reihenfolge):
Martin Dausch (29): Der Markt Rettenbacher schaffte mit dem VfR Aalen sowie in diesem Sommer mit dem MSV Duisburg den Zweitliga-Aufstieg, war auch für den VfB Stuttgart II und Union Berlin aktiv.
Timo Gebhart (26): Nach Anfangsjahren in der Jugend beim BSC und FC Memmingen 2004 Wechsel zum TSV 1860 München. Der U19-Europameister (2008) bestritt 76 Erstliga-Spiele für den VfB Stuttgart und ist bis Sommer 2016 beim 1. FC Nürnberg unter Vertrag; gilt als „Enfant terrible“.
Harald Gfreiter (42): Stammt aus Frechenrieden, spielte für den FCM drei Jahre in der Bayernliga. Über Wacker Burghausen und den VfR Mannheim gelangte er zum SSV Jahn Regensburg mit dem er den Zweitliga-Aufstiegs feierte. Hier hatte er den Status als Kultspieler und ist im Verein heute weiter als Assistenztrainer tätig.
Christian Gmünder (35): Der Leutkircher war eine Saison beim FCM aktiv (2000/2001), stand anschließend bei sieben Vereinen unter Vertrag. Unter anderem schaffte der „Wandervogel“ mit dem FC Heidenheim den Drittliga-Aufstieg (2009). Heute ist er als Co-Trainer beim VfR Aalen tätig.
Alexander Hack (22): Aus dem Nachwuchs von 1860 München entwachsen, „Lehrjahr“ in Memmingen Wechsel zur SpVgg Unterhaching und anschließend zum FSV Mainz 05. Bestritt insgesamt 62 Drittliga-Spiele und bislang zwei Bundesliga-Begegnungen.
Janik Haberer (21): Mit 16 Jahren ging der Wangener vom FCM nach Unterhaching, unterschrieb anschließend bis Juni 2018 bei TSG Hoffenheim und ist derzeit an den Zweitligisten VfL Bochum ausgeliehen.
Frank Kramer (43): Als Spieler zwar nicht in der ersten oder zweiten Liga aktiv, machte aber Karriere als Trainer. Stationen des Lehrgangsbesten 2013 an der Hennes-Weisweiler-Akademie in Hennef waren bislang u.a. die TSG Hoffenheim, SpVgg Greuther Fürth und bis zur Trennung im November Fortuna Düsseldorf.
Reinhold Mathy (53): Der Stürmer war der erste FCM-Spieler, der Anfang der 1980igerJahre in die große Fußballwelt auszog. Mit dem FC Bayern München (100 Spiele, 21 Tore) feierte er vier deutsche Meisterschaften. Nach weiten Stationen bei Bayer Uerdingen, FC Wettingen/Schweiz beendete er nach vielen Verletzungen bei Hannover 96 im Jahr 1993 seine Laufbahn.
Reiner Maurer (55): Als Spieler für Unterhaching, Bayern München, VfB Stuttgart, Karlsruher SC, Arminia Bielefeld, Old Boys Bern und TSV 1860 München aktiv. Trainerstationen beim FC Garmisch, FC Memmingen und TSV 1860 München (Cheftrainer 2004 bis 2006 und 2010 bis 2012) sowie bei einigen griechischen Klubs.
Markus Mendler (22): Nach dem frühen Wechsel in der Jugend zum 1. FC Nürnberg verhinderten immer wieder Verletzungen den ganz großen Durchbruch. 15 Bundesliga-Einsätze für den FCN. Der Legauer wurde an den SV Sandhausen ausgeliehen und spielt jetzt für die Stuttgarter Kickers.
Michael Mutzel (36): Der heutige Sportdirektor der SpVgg Greuther Fürth aus Greimeltshofen kam für Eintracht Frankfurt, den VfB Stuttgart und den Karlsruher SC auf 184 Erst- und Zweitliga-Einsätze.
Bajram Sadrijai (29): Wegen Verletzungen nur wenige Einsätze in der Jugend des FC Memmingen und auch beim Bundesligisten Borussia Dortmund (3), zu dem er über die TSG Thannhausen gewechselt war. Sportinvalide mit 24 Jahren.
Kevin Volland (23): Der Nationalstürmer war in der Jugend immerhin eine Spielzeit (2004/05) beim FCM aktiv. 50 Erst- und Zweitliga-Tore für den TSV 1860 München und die TSG Hoffenheim. 53 Einsätze in DFB-Auswahlmannschaften, fünffacher A-Nationalspieler.
Frank Wiblishauser (38): Vom fünften bis zum 17. Lebensjahr spielte der Verteidiger für den FCM, stand vier Jahre beim FC Bayern München unter Vertrag, kam hier aber zu keinem Profieinsatz. Mit dem 1. FC Nürnberg gelang ihm der Bundesliga-Aufstieg. Immer wieder Probleme mit Verletzungen. Nach 136 Erst- und Zweitliga-Spielen sowie einem Abstecher in die Schweiz beendete der ehemalige Junioren-Nationalspieler 2010 seine aktive Laufbahn beim TuS Koblenz.
Übrigens: Nationalspieler Holger Badstuber vom FC Bayern München ist zwar wie ein guter Teil der vorab genannten Spieler in Memmingen geboren, spielte aber nie für den FCM.
