Der Abstiegs-Krimi geht weiter

Schalding H05 Strafraum 300Das große Zittern geht weiter. Fußball-Regionalligist FC Memmingen hat sich am letzten Spieltag mit einem 3:1-Sieg gegen den SV Schalding-Heining zwar auf Platz 16 der Tabelle verbessert. Die Entscheidung fällt aber zwei Klassen weiter oben: Weil die SpVgg Greuther Fürth in der zweiten Liga den Klassenerhalt schafft, müssen die Allgäuer in die Relegation. Die Chronologie eines packenden Fußballwochenendes in zwei Akten.

13.58 Uhr: Die Ouvertüre in der Memminger Arena trällert Kevin Prinz. Draußen dröhnt aus den Lautsprechern das Vereinslied des Sängers aus Leutkirch: „Wir sind die Macht im Allgäu, FCM!“ Drinnen in der Kabine sind die Spieler hoch konzentriert. Eine spezielle Ansage von Coach Stephan Baierl gibt es nicht. Allen ist die Bedeutung der Partie bewusst. Furkan Kircicek sagt: „Es ist das wichtigste Spiel des Jahres. Da muss niemand zusätzlich motiviert werden.“

14.05 Uhr: Pünktlich pfeift Schiedsrichter Markus Huber aus Wurmannsquick an. Die Gastgebern sind hellwach, scheuen keinen Zweikampf und rennen munter gegen das Abwehrbollwerk des SV Schalding-Heiding an. Die Nerven sollen mit einem frühen Führungstor beruhigt werden.

14.11 Uhr: Der Plan geht auf. Schon nach sieben Minuten liegt der FC Memmingen 1:0 vorn. Muriz Salemovic zieht am Ende eines Konters ab und trifft ins lange Eck des Gästetores.

14.29 Uhr: Auf der Tribüne macht der Führungstreffer der SpVgg Bayreuth, dem Memminger Konkurrenten im Abstiegskampf, gegen den TSV 1860 München die Runde. Zu diesem Zeitpunkt haben die Allgäuer zwei Punkte Rückstand auf die Oberfranken auf Rang 16. FCM-Stürmer Kircicek wird nach der Partie sagen: „Wir haben von den Ergebnissen in den anderen Stadien nichts mitbekommen.“

14.48 Uhr: Schiri Huber bekommt ein gellendes Pfeifkonzert ab. Salemovic wird von Schaldings Christian Brück von hinten umgetreten, der Unparteiische lässt weiterspielen. Dann pfeift Huber doch noch: Halbzeitpause!

15.07 Uhr: Die Gäste verpassen dem FCM eine kalte Dusche. Fabian Burmberger hebt den Ball über Schlussmann Gruber hinweg zum 1:1 (49.) ins Tor. Die Abwehr der Hausherren sieht dabei nicht gut aus, denn Burmberger kommt im Strafraum völlig frei zum Abschluss.

15.25 Uhr: Die Baierl-Truppe lässt sich vom Ausgleich nicht beeindrucken. Coban und Salemovic vergeben gute Möglichkeiten. In der 66. Minute bringt Coban sein Team wieder in Führung. Der 23-Jährige, der während der Woche seinen Wechsel zum Regionalliga-Rivalen Illertissen verkündet hatte, rennt nach dem Treffer zum 2:1 vor die Tribüne und klopft sich demonstrativ mit der Faust auf die Brust. Später sagt er: „Ich wollte den Fans damit zeigen, dass ich mit dem Herzen bis zum Schluss beim FCM bin.“

15.27 Uhr: Auf der Tribüne brüllt jemand: „1:1!“ Der neue Zwischenstand aus Bayreuth. Der TSV 1860 München hat dort den Ausgleich erzielt. Der FCM überholt die Oberfranken in der Tabelle und springt erstmals auf Rang 16.

15.31 Uhr: Alle, die mit den Gastgebern fiebern, atmen kräftig durch. Schaldings Spielertrainer Stefan Köck steht mutterseelenallein vor dem Memminger Tor – und trifft nur den Pfosten.

15.33 Uhr: Bei den Hausherren verlässt Dennis Hoffmann in der 71. Minute für Marco Schad das Feld. Er gestikuliert in Richtung Tribüne und fordert die 1250 Zuschauer auf, das Team lautstark zu unterstützen. Bislang war es trotz der tollen Kulisse eher ruhig in der Arena. Fortan wird rhythmisch geklatscht.

15.42 Uhr: Jetzt geht alles ganz schnell. In Bayreuth führen die „Löwen“ inzwischen mit 3:1. Auch der FCM legt nach. Jannik Rochelt trifft nach Pass von Burak Coban ebenfalls zum 3:1 (83.).

15.51 Uhr: Referee Huber pfeift die Partie ab. Von den Rängen gibt es Applaus für die Mannschaft. Spieler, Trainer und Funktionäre liegen sich freudestrahlend in den Armen – wohlwissend, dass es noch nicht der entscheidende Sieg auf dem Weg zum Klassenerhalt war.

26 Stunden später: Akt zwei spielt sich am Sonntagnachmittag in Heidenheim ab. Die SpVgg Greuther Fürth schafft dort mit einem 1:1 den Klassenerhalt in der zweiten Liga. Damit ist klar: Die zweite Mannschaft der Franken bleibt in der Regionalliga, Memmingen muss in die Relegation. Coach Baierl hat sich damit aber zumindest ein paar Euro gespart. Der 41-Jährige, der zwei Jahre selbst für Heidenheim gekickt hat, hatte vor der Partie versprochen: „Wenn Heidenheim gewinnt und Fürth dadurch absteigt, lade ich meinen Trainerfreund Frank Schmitt zum Essen ein.“

Stimmen zum Spiel

Muriz Salemovic (29/FC Memmingen) „Wir gehen mit einem guten Gefühl in die Relegation. Seit fünf Spielen haben wir nicht mehr verloren, drei Partien sogar gewonnen. So einen Lauf hatten wir diese Saison noch gar nicht. Die Stimmung in der Mannschaft ist hervorragend. Das war selbst in den vergangenen Wochen so, als es schlechter lief. So etwas wie Krisensitzungen haben wir nicht gebraucht.“

Burak Coban (23/FC Memmingen) „Das war für mich ein sehr emotionales Spiel. Ich musste viel einstecken, nach dem mein Wechsel nach Illertissen bekannt geworden ist. Uns war klar, dass uns Schalding nichts schenken wird. Es war sehr schwer, aber wir waren willensstärker. Wir werden bis zur Relegation den normalen Trainingsrhythmus beibehalten und uns ordentlich vorbereiten. Wir schaffen das!“

Furkan Kircicek (21/FC Memmingen) „Es war mit Abstand das wichtigste Spiel der Saison für uns. Daher waren wir auch alle von Beginn an hoch motiviert. Überraschenderweise standen die Gäste tief in ihrer Hälfte. Wir haben aber gut nach vorn gespielt, vielleicht die eine oder andere Chance zu viel vergeben. Am Ende ist es aber trotzdem optimal für uns gelaufen.“

Stefan Köck (33/Spielertrainer SV Schalding-Heining) „Wir haben ordentlich gespielt in der ersten Halbzeit, im zweiten Abschnitt war es nicht zwingend genug. Vielleicht hat bei dem einen oder anderen in meinem Team einfach die letzte Konzentration gefehlt.“

Stephan Baierl (41/Trainer FC Memmingen) „Man hat gesehen, wie sehr der Kopf den Körper steuert. Die Jungs haben zu viel nachgedacht. Dadurch haben in einigen Situationen – wie beim 1:1 – die Leichtigkeit und die spielerische Klasse gefehlt. Das ist aber doch normal für ein solches Spiel, in dem alle möglichen Szenarien passieren können.“

(Von Stephan Schöttl - Allgäuer Zeitung vom 14.05.18 - Foto: Olaf Schulze)

 

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