Andreas Köstner: "Ich bin gespannt auf mich selber"

Koestner 300Obwohl er meist eher im Hintergrund agierte - zuletzt als Co-Trainer unter Stephan Baierl - ist er beim FC Memmingen kaum wegzudenken: Andreas Köstner (Bildmitte). Etwas überraschend kam deshalb die Nachricht, dass der 45-Jährige im Betreuerstab des FCM nicht weitermacht, sondern eine Pause einlegt. Wir fragten nach:

Herr Köstner, was ist der Grund für Ihren Ausstieg?

Andreas Köstner: Ich nehme mir eine Auszeit, eine schöpferische Pause. Es war sehr intensiv, nach zwölf Trainerjahren hat mir das absolute Feuer ein bisschen gefehlt. Zudem war die Trainertätigkeit mit meinem Beruf als Beamter bei der Bahn, der auch Schichtdienst hat, nicht immer leicht zu vereinbaren.

Muss man als Trainer "brennen"?

Köstner: Ja, man muss im Training jedes Mal supermotiviert sein. Den Jungs muss man das auch vorleben, in Körpersprache und Ansprache.

Sie hatten vor Ihrer Zeit als Trainer diverse Stationen als Spieler. Was war hier Ihre schönste Zeit?

Köstner: Als ich, aus der Jugend rausgekommen, mit der Zweiten Mannschaft zwei Aufstiege in Folge feierte. Und die Anfangszeit beim SV Tannheim. Von der Kameradschaft her war das die schönste Zeit als Spieler. Im Tor der Tannheimer spielte damals Thommy Reichart, der heutige Zweite Vorsitzende des FCM.

Und wo war es als Trainer für Sie am schönsten?

Köstner: Es war alles super, auch die Zeit in Babenhausen (als Köstner in seiner dritten Saison nach nur drei Spieltagen überraschend entlassen wurde, Anm.d.Red.).

Wie war die Zusammenarbeit mit den FCM-Cheftrainern in der vergangenen Saison, zuerst mit Stefan Anderl, dann mit Stephan Baierl (rechts im Bild)?

Köstner: Mit beiden war die Zusammenarbeit gut, wobei Anderl seine Philosophie mit seinem absoluten Angriffspressing unbedingt auf den Platz bringen wollte, da war die Aussprache nicht so groß. Bei Stephan Baierl war der Austausch sehr rege. Wir haben immer einen gemeinsamen Nenner gefunden. Die Zeit mit Stephan Baierl war für mich lehrreich, gerade im taktischen Bereich. Baierls Art, zu den Spielern freundlich zu sein, aber die Distanz zu wahren, gefällt mir. Mit seiner taktischen Variabilität kann er die Mannschaft gut einstellen. Generell aber sind beide, Anderl und Baierl, sehr gute Trainer.

Sie haben davor, als Trainer der U23 beziehungsweise der U21, immer wieder Talente an die Erste Mannschaft herangeführt. Wie war das?

Köstner: Ich bin ja gekommen, als Esad Kahric entlassen worden ist und Robert Manz/Thomas Reinhardt als Gespann übernommen haben. Mit beiden war der Austausch sehr vertrauensvoll  und später auch mit Christian Braun, weil wir uns ja gut gekannt haben. Auch in der letzten Saison hat die Verzahnung mit Candy Decker als U21-Coach wunderbar geklappt. Man muss sich auf den U21-Trainer und auf dessen Einschätzung verlassen können. Das war zum Beispiel bei Jannik Rochelt der Fall.

Der ja gleich erstaunlich eingeschlagen hat ...

Köstner: Ja, nicht zuletzt mit seiner Ruhe am Ball. Auch Michael Heilig hat in dieser Saison eine gute Entwicklung genommen. Ich hoffe, dass in diesem Jahr Jamey Hayse und Achim Speiser durchstarten. Ganz persönlich finde ich auch, dass Marco Schad ein Spieler ist, der mehr Spielminuten verdient hat. Auch hat Furkan Kircicek ganz starke Spiele gehabt.

Was war Ihr schönstes Erlebnis in der abgelaufenen Saison?

Köstner: Das beeindruckendste war das Auswärtsspiel bei 1860 München, natürlich auch das Eröffnungsspiel. Und dass wir gegen Rain den Klassenerhalt geschafft haben, nachdem wir dort schon 0:3 hinten gelegen waren.

Was ist das Besondere am FC Memmingen?

Köstner: Dass hier auf die Jugend gesetzt und nicht nur davon gesprochen wird. Die Jugend kriegt ihre Chance. Mit sechs Jahren war ich selber das erste Mal dabei. Auch wird der Verein familiär geführt, wo in der Regionalliga doch sonst Halbprofi-Bedingungen herrschen.

Wer war für Sie als Spieler beim FC Memmingen in all den Jahren besonders beeindruckend?

Köstner: Sammy Mayer mit seinem Ehrgeiz und seiner Entschlossenheit und Esad Kahric mit seiner Technik und mit seiner Ruhe am Ball. Auch Muriz Salemovic ist für mich ein sehr beeindruckender Spieler, zumal die Voraussetzungen für ihn nicht optimal sind, da er Schicht arbeitet.

Sie haben ja auch nicht wenige Spieler an die Erste Mannschaft herangeführt. Wer fällt Ihnen da ein?

Köstner: Stefan Heger hatte ich in der Jugend. Dass er jetzt Kapitän der Ersten Mannschaft ist, da bin ich natürlich stolz drauf. Branko Nikolic ist für mich der vielleicht talentierteste Spieler, den ich hatte. Furkan Kircicek habe ich aus Kaufbeuren geholt. Vinko Sapina (jetzt beim SSV Ulm) hat bei mir in der U21 gespielt und hat sich zu einem super Spieler entwickelt. Daniel Eisenmann war bei mir Kapitän der U19, und Sebastian Schmeiser war bei mir ein Jahr in der U21. Was Jannik Rochelt kann, hat man gesehen. Mehr als die Hälfte ist durch meine Hände gegangen, da bin ich sehr stolz drauf.

Was machen Sie mit der vielen freien Zeit, die sich Ihnen jetzt ohne Traineramt eröffnet?

Köstner: Ich möchte mehr Zeit mit meiner Familie verbringen, die doch einige Opfer in Kauf nehmen musste. Ich werde beim FCM als Fan dabei sein und im Übrigen meinem Hobby, dem Reisen, nachgehen.

Wie lange wird Ihre Pause sein?

Köstner: Das kann ich nicht beantworten. Ich bin gespannt, wie es sich anfühlt und ob mir im Oktober was fehlt. Ich bin selber gespannt auf mich selber. Ich höre einfach auf mein Gefühl. Es kann auch passieren, dass ich nie mehr Trainer sein werde. Vereine haben schon angefragt, aber ich habe kategorisch abgelehnt. Ich bin gespannt, ob und wann mich das Feuer wieder packt.

Wer fällt Ihnen als vorbildlicher Trainer ein?

Köstner: Als U19-Trainer wurde ich sehr stark geprägt von Esad Kahric. Esad war ein Trainer, der sich um alles gekümmert hat, auch um die U17, deshalb hat man sich da gute Tipps abholen können.

Wo landet der FCM in der neuen Saison?

Köstner: Im gesicherten Mittelfeld, auf Platz 10.

Was macht Sie so optimistisch?

Köstner: Erstens der Trainer, Stephan Baierl, und zweitens die Tatsache, dass die jungen Spieler des FC Memmingen wie Rochelt, Heilig oder Kircicek ihr Potenzial noch erweitern können.

(Interview: Markus Brändle - Memminger Zeitung vom 30.06.19 - Foto: Olaf Schulze)

 

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