„Laufdynamisch“ ist ein Lieblingswort von Stefan Anderl. Der neue Cheftrainer des FC Memmingen will mit dieser Vokabel (die es eigentlich so gar nicht gibt) seine Spielphilosophie unterstreichen: Rennen sollen seine Jungs; rennen, was die Lungenflügel hergeben.„Früh anlaufen, hohes Angriffspressing“ – auch damit lässt sich umreißen, wie der 51-jährige Berufsschullehrer die neue Saison in der Fußball-Regionalliga zu bestreiten und zu bestehen gedenkt.
Mutigen Offensivfußball verspricht Anderl also vor dem Auftaktsiel am heutigen Freitagabend (Beginn 19.30 Uhr) gegen den letztjährigen Vizemeister SV Wacker Burghausen. Ob er nicht Angst hat, damit ins offene Messer zu laufen? „Maßgabe ist absolut, dass wir das Spiel gewinnen wollen“, entgegnet der neue FCM-Coach, dem an der Seitenlinie von Alex Methfessel assistiert wird. „Wir bestimmen das Tempo“, sagt Anderl forsch.
Der langjährige Spieler und Trainer des FC Gundelfingen (der zuletzt mit diesem Team den Aufstieg in die Bayernliga geschafft hat) hält nichts davon, gegen den Favoriten aus Oberbayern „unterwürfig oder gar devot“ in die Partie zu gehen. Wie er überhaupt viel Zuversicht verbreitet. Ist der Kader schwächer geworden? „Wir werden mit Sicherheit ein gutes Spiel abliefern“, meint Anderl, den es auch keinesfalls schreckt, dass er gegenüber der Vorsaison mit Andreas Mayer und mit Kapitän Sebastian Bonfert zwei Routiniers verloren hat und der Kader hauptsächlich mit Nachwuchsspielern aus der näheren und weiteren Region komplettiert wurde. „Die Jungen können genauso kicken“, lautet das Credo von Anderl, der sich selber schon während seiner vielen Jahre in Diensten des FC Gundelfingen immerals „Teamspieler“ begriffenhat.
Mehr als das Glänzen einiger Solisten schätzt der neue FCM-Coach demnach den Teamgedanken:„So herausragend ist keiner, dass er rumstapfen kann wie der Ronaldo.“ Ebenfalls ist der neue Übungsleiter davon überzeugt, dass „die Struktur beim FC Memmingen passt“. Aufgebaut auf eine gute Jugendarbeit sieht Anderl eine gute Basis mit sinnvoller Nachhaltigkeit. Wie es den Anschein hat, wird es zum Saisonauftakt nur wenige Stammplätze geben. Der Kampf um die Positionen ist in der Vorbereitung entbrannt.
Wer spielt? Als neuer Kapitän führt Dennis Hoffmann heute Abend die Elf aufs Spielfeld. Dass der neue Coach gerade ihn als ausgewiesenen Kämpfertypen mit der Binde betraut hat, mag auch ein Signal dafür sein, dass sich einer für den anderen reinhauen soll. Verzichten muss Anderl auf Edgar Weiler, der nach den Eindrücken aus der Vorbereitung eigentlich in der Innenverteidigung gesetzt war, zumal er sich „in der Spieleröffnung verbessert“ habe. Im Testspiel gegen den SSV Ulm (das der FCM überzeugend mit 4:1 gewonnen hatte) brach sich Eddy Weiler den großen Zeh. „Das tut richtig weh“, bedauert Anderl, der damit auf einen „sehr soliden, zweikampfstarken Mann“ verzichten muss. Gesetzt sind wohl Martin Gruber im Tor, Sebastian Schmeiser, Daniel Eisenmann, Stefan Heger, Branko Nikolic und Muriz Salemovic.
Stefan Anderl hält große Stücke auf die beiden 20-jährigen Nachwuchskräfte Fabian Lutz (Abwehr) und Jamey Hayse (Angriff). Denkbar, dass einer von beiden bereits gegen Burghausen eine Chance erhält.
Was sagt der Sportliche Leiter? Bernd Kunze freut sich, dass es losgeht. „Wir werden versuchen, die Zuschauer zu begeistern“, sagt Kunze. Nach den überzeugenden Siegen in der Vorbereitung „herrscht eine ganz gute Stimmung, ja sogar eine gewisse Euphorie – ich denke, wir werden ein konkurrenzfähiges Team stellen“.
Der erste Gegner: Der SV Wacker Burghausen darf neben der SpVgg Unterhaching zu den heißesten Meisterschaftsanwärtern gezählt werden. Trainer Uwe Wolf wird sich auf die Dauer mit der Vierten Liga nicht zufriedengeben wollen. Unter sechs Neuzugängen im Team der Burghauser sind etwa Nico Andermatt (TSV 1860 München II), der Sohn von Martin Andermatt (früher Bundesliga-Trainer beim SSV Ulm) und Christoph Bann (Austria Salzburg).
(Von Markus Brändle - Allgäuer Zeitung vom 15.07.16 - Foto: Olaf Schulze)
