„Zwei Seelen wohnen, ach in meiner Brust“. Trainer Stefan Anderl (im Bild) fühlt sich dieser Tage angesichts der aktuellen sportlichen Gemengenlage beim Fußball-Regionalligisten FC Memmingen fast so wie im berühmten Zitat aus Goethes Faust. Vielleicht sogar noch ein bisschen zwiespältiger. Da ist nämlich zum einen das Punktspiel am Samstag (14 Uhr) bei der SpVgg Unterhaching. Unter anderen Voraussetzungen wäre das Gastspiel ein absoluter Höhepunkt, bei dem alles in die Waagschale geworfen wird, um zu versuchen dem Spitzenreiter und designierten Meister die erste Heimniederlage beizubringen. Wäre da nicht auch noch der kommende Dienstag, an dem die Memminger das bayerische Pokal-Halbfinale bestreiten. Gegen den Liga-Konkurrenten FC Schweinfurt bietet sich vor eigenem Publikum die Chance, ins Endspiel einzuziehen. Um dann vielleicht anschließend noch mehr, sprich die erste Hauptrunde im DFB-Pokal, zu erreichen.
Der Fokus liegt klar auf dem Pokal. „Aber ich will auch nicht nach Unterhaching fahren, nur dass wir uns dort gut aus der Affäre ziehen“, möchte Anderl dort auch nichts kampflos herschenken. Wer spielt, wer wird geschont, wie werden die Kräfte eingeteilt? Das verlangt vom Trainer dieses Mal „nicht nur taktisches, sondern auch logistisches Gespür“. Der Coach hat zwei Tage lang darüber nachgedacht. Übrigens beim Skifahren in St. Anton, wo er den Kopf auch nicht richtig vom Fußball frei bekam. Viel hat er ansonsten in dieser Woche mit seinen Jungs gesprochen, sie sollten in sich reinhören. Wer fühlt sich wie fit und belastbar?
Die Entscheidungen, wer im Hachinger Alpenbauer-Sportpark auflaufen wird, werden erst nach der letzten Einheit am Freitagabend fallen. Angesichts der angespannten Personalsituation wird es kein leichtes Unterfangen. Sicher ist eigentlich nur dass der Gelb-Rot-Gesperrte David Anzenhofer nicht auflaufen wird. Ansonsten ist Vieles in der Schwebe. Geht es schon bei den angeschlagenen Philipp Boyer, Daniel Eisenmann, Torhüter Martin Gruber, Stefan Heger oder Daniel Zweckbronner – oder eben nicht? Viele Fragezeichen.
Zumindest gibt es von Dennis Hoffmann eine gute Nachricht. Er war am Mittwoch erstmals wieder bei Spieleinheiten im Training mit dabei und will sich in Unterhaching im Team zurückmelden. Ob es schon Sinn macht? Auch darüber grübelt Anderl. Im Kader wird Hoffmann wohl stehen. Der Kapitän hat nach der Winterpause noch keine Minute gespielt, wäre aber von der Mentalität her ein wichtiger Brecher, der sowohl im Spitzenspiel des Tabellenfünften beim Klassenprimus als auch im Pokal gut zu gebrauchen wäre.
Haching gegen den FCM – das hätte unter anderen Umständen einen besonderen Reiz. An 28 von 29 Spieltagen standen die Münchner Vorstädter an der Tabellenspitze, nur einmal nicht. Am ersten Spieltag belegte Memmingen Rang eins. Es ist der Vergleich der besten Sturmspitzen. Der Ex-Augsburger Stephan Hain traf für Unterhaching schon 28 Mal, Kollege Sascha Bigalke 16 mal, zehn weitere Treffer bereitete er vor. Stefan Schimmer traf für den FCM 22 Mal, Muriz Salemovic gilt als bester Vorlagengeber (13) der Regionalliga und durfte auch schon sechs Mal selbst jubeln. Das könnte nach einem Duell auf Augenhöhe klingen, wenn es nicht den gravierenden Unterschied gäbe. Es stehen Vollprofis gegen Feierabendkicker auf dem Platz.
(Foto: Olaf Schulze)
