Auf der Pressekonferenz nach dem Spiel flüchtete sich Stefan Anderl (52) in schwarzen Humor. „Ich wollt‘ mir schon einen Platz auf dem Friedhof reservieren lassen“, stöhnte der Trainer des Fußball-Regionalligisten FC Memmingen und spielte dabei auf das nervenaufreibende Match zuvor an, bei dem er sich offenbar herzinfarktgefährdet wähnte. Dabei nahm die Achtelfinal-Partie des BFV-Toto-Pokals zwischen dem FCM und dem Nachbarn FV Illertissen letztlich ein gutes Ende für Anderl und seine in der Liga so gebeutelten Allgäuer. Mit 2:1 (0:1) rangen die noch immer ersatzgeschwächten Memminger den Liga-Rivalen nieder und zogen damit ins Viertelfinale ein, das am morgigen Freitag ausgelost und am 3. Oktober, dem Tag der Deutschen Einheit, gespielt wird.
Zum Spiel: Der gastgebende Fußballclub begann taktisch deutlich defensiver als gewohnt, die Memminger attackierten ihre Gegenspieler erst kurz hinter der Mittellinie. Coach Anderl, ansonsten ein leidenschaftlicher Verfechter offensiven Angriffspressings, wählte diese Vorgehensweise bewusst, wie er nach dem Match verriet. In der neunten Minute bereits offenbarten sich indes die Tücken der Defensivstrategie, als die Illertisser eine Konterattacke setzten und durch Alexander Nollenberger in Führung gingen – 0:1. Die erste gute Szene auf Seiten der Hausherren war der knackige Distanzschuss von Neuzugang Amar Cekic, der am langen Pfosten vorbeistrich. Und dennoch: Die Hausherren spielten zu häufig in die Breite, anstatt konsequent den Weg in den Strafraum zu suchen. Zur Pause lagen die Memminger mit 0:1 zurück.
Oktay Leyla hätte fünf Minuten nach Wiederbeginn auf 0:2 stellen können, der Pokal-Fight wäre wohl früh zugunsten der Illertisser entschieden gewesen. Doch anschließend ist „unser Spiel mit jeder Minute intensiver geworden, der Glaube an das Machbare größer“, urteilte FCM-Trainer Anderl. Die Gastgeber bissen sich jetzt regelrecht rein ins Spiel – obwohl noch immer etliche Bälle im Nirgendwo landeten, ohne einen Abnehmer zu finden. Und obwohl Freistöße teils katastrophal ausgeführt wurden. Hier spielte wohl die Verunsicherung durch die Erfolglosigkeit in der Liga noch eine Rolle.
Doch dann kam die 82. Minute: Der aufgerückte Fabian Lutz traf mit einem sehenswerten Schuss ins lange Eck zum wichtigen 1:1-Ausgleich. Befreiender Jubel war die Folge. Doch der Höhepunkt aus FCM-Sicht in einem ausgesprochen fairen Nachbarschaftsduell sollte erst in der Nachspielzeit folgen, als Andreas „Charly“ Fülla aus dem Getümmel heraus den umjubelten Siegtreffer zum 2:1-Endstand markierte.
Direkt nach dem Abpfiff stand „Pokalheld“ Fülla dann ganz cool am Zaun und telefonierte „mit meiner gerade erkrankten Schwester“. Vor dem Siegtor, so Fülla weiter, habe sich Teamkamerad „Muri“ Salemovic toll im Laufduell behauptet, das müsse schon gesagt werden. Fülla weiter: „Das war heute ein Sieg des Willens, einer, der brutal guttut.“ Für seinen Trainer war es „ein unbezahlbarer Sieg für die Moral“. Auch FVI-Coach Ilja Aracic attestierte dem FCM einen „verdienten Erfolg.“
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(Von Dominik Prähofer - Allgäuer Zeitung vom 07.09.17 - Foto: Olaf Schulze)
