Als alles vorbei war, entschuldigte sich Roger Prinzen gleich mehrfach bei seinem Trainerkollegen Christian Braun. Für verbale Scharmützel an der Seitenlinie während der zurückliegenden 90 Minuten. Der Coach der Gäste murmelte von "Emotion", welche auch erregte Äußerungen ausgelöst habe. In der Tat war die Regionalliga-Partie zwischen dem FC Memmingen und dem 1. FC Nürnberg II (0:1) eine besonders leidenschaftliche. Auf dem Platz wie auch am Rande.Am Ende half alles Anrennen und Drängen der Platzherren in der letzten halben Stunde der Partie nicht mehr: Der Treffer von Dominic Baumann in der 47. Minute blieb das "Tor des Tages", ließ die "Club"-Amateure für eine Nacht sogar zum Tabellenführer werden. Und das Team von Christian Braun/Thomas Reinhardt schien um den verdienten Lohn einer guten Leistung speziell in der zweiten Spielhälfte gebracht.
Selten sah man das Memminger Trainergespann so enttäuscht in der Pressekonferenz sitzen wie nach dem unglücklichen 0:1 am Freitagabend. Thomas Reinhardt stieß nur ein wütendes "Sch..." hervor, mochte ansonsten gar nichts mehr sagen. Sein Blick sprach Bände. Und sein FCM-Pendant Christian Braun mühte sich in der Analyse darum, dem Spielverlauf gerecht zu werden. In der dritten "englischen Woche" am Stück sei sein Team in der ersten Hälfte nicht ganz so frisch gewesen. Oft habe man "keinen Zugriff gekriegt, war zu weit weg vom Gegner". Trotzdem boten sich dem FCM auch schon im ersten Durchgang drei nennenswerte Torchancen: als Dennis Hoffmann kraftvoll durchgelaufen war (35. Minute), als kurz darauf "Club"-Keeper Sebastian Kolbe einen raffiniert getretenen Eckball von "Bobo" Mayer gerade noch über die Latte lenken konnte, und als Fabian Krogler mit einem Drehschuss knapp scheiterte (45.).
Nach Wiederanpfiff nahm dann das Unheil aus Memminger Sicht seinen Lauf. Gedanklich war die Defensive der Gastgeber offenbar noch in der Kabine, als ebenso überraschend wie "unnötig" der 0:1-Gegentreffer durch einen strammen Schuss von Dominic Baumann fiel. Alles Aufbäumen der Memminger hinterher führte zwar zu mehreren guten Torgelegenheiten, letztlich aber zu keinem zählbaren Erfolg mehr. "Fußball ist ein knallharter Ergebnissport", meinte Braun dazu lapidar. Und er hatte recht mit seinem Bild, wonach die Mannschaft in der zweiten Halbzeit "alles probiert und alles auf den Platz gebracht hat, was im Tank war".
Dieser Tank muss sich in der Halbzeitpause deutlich gefüllt haben, denn was das Team speziell in den letzten 30 Minuten zeigte,war sehenswert. Auf tiefem Boden und bei schließlich strömendem Regen rennten, rackerten und kombinierten die Memminger so sehr, dass Gäste-Coach Prinzen anerkennend von einer ungeheuren Wucht sprach, die seinem jungen Team entgegengekommen sei."Extrem glücklich" zeigte sich der Club-Trainer über den schwer errungenen Auswärtserfolg. Der mehrfach gefährdet schien. Weil die Memminger, angetrieben von Routinier Andreas Mayer, einen Angriff nach dem anderen Richtung Club-Tor rollen ließen. Doch alles Bemühen ob nun vom dribbelstarken Muriz Salemovic (Bildmitte), vom einsatzfreudigen Dennis Hoffmann oder dem umtriebigen Fabian Krogler (rechts im Bild) blieb vergeblich.
Der Blick der Memminger richtet sich jetzt aufs bayerische Pokal-Halbfinale am kommenden Mittwoch gegen Drittligist Würzburger Kickers (18.30 Uhr in der Arena). "Darauf werden wir hinfiebern, wir werden alles geben", versprach Christian Braun. Leidenschaft scheint also wieder garantiert.
(Von Markus Brändle - Foto: Olaf Schulze - Allgäuer Zeitung vom 18.04.16)
